Die Kampagnen der Jungen Grünen im Rückblick
Die Geschichte der Jungen Grünen ist zu einem nicht unbeträchtlichen Teil eine Geschichte von Kampagnenarbeit. Ob mit Sofas, riesigen Joint-Kostümen oder Atommüllfässern – fast durchgehend waren die Jungen Grünen irgendwo in Österreich unterwegs, um für ihre Anliegen zu werben. Kampagnen waren ein wichtiger Bestandteil der politischen Arbeit der Jungen Grünen. Mit diesem Artikel wollen wir einen Rückblick auf die wichtigsten Etappen dieser Geschichte werfen.
Jede Kampagne ist anders. Kampagnen haben verschiedene Anlässe, verschiedene Ziele und verschiedene Ressourcen zur Verfügung. Mit den folgenden Schlagworten wollen wir grob darstellen, was Kampagnenarbeit für die Jungen Grünen bedeutete.
ATTRAKTIV
Attraktive Organisationen haben mehr Erfolg. Das mag banal klingen, aber in der Praxis des politischen Alltags braucht es bewusste Maßnahmen, um hohe Standards in der Außenwirkung zu definieren und umzusetzen. Als Junge Grüne haben wir bei unseren Kampagnen großen Wert gelegt auf gut gemachte Videos, schöne Fotos von Aktionen und Veranstaltungen, einladende Farben und Grafiken, eine niederschwellige, klare Sprache und alltagsnahe Beispiele. Für die Jungen Grünen war eine attraktive, zugängliche Außenwirkung mit hohem Wiedererkennungswert kein Selbstzweck. Vielmehr sollte sie viele junge Leute ansprechen und zum Mitmachen einladen. Außerdem sollte sie zeigen, dass linke Standpunkte mehr Gehör finden, wenn sie professionell wirken und gut vermittelt werden.
ABGRENZBAR
Damit eine Kampagne nicht beliebig ist, muss sie klar abgrenzbar sein. Für die Jungen Grünen war dabei die Grüne Marke hilfreich, die sie als Jugendorganisation erkennbar machte und vom Werbewert der Mutterpartei profitieren ließ. Das unterschied uns von anderen Organisationen. Bei Kampagnen hilft zur Abgrenzung auch eine klare Zielsetzung. Man kann nicht alles auf einmal fordern – der Fokus auf einzelne, konkrete Forderungen kann ein Alleinstellungsmerkmal sein.
Zur Abgrenzung zählen aber auch zeitliche Grenzen. Wenig ist demotivierender als nie enden wollende Kampagnen, die sich über Jahre hinziehen, keinen Abschluss finden und irgendwann im Sand verlaufen. Eine konkrete zeitliche Rahmensetzung macht es auch einfacher, Erfolge zu erkennen und Aktionen anhand konkreter Zielsetzungen zu evaluieren.
PROFESSIONELL
Die Professionalität einer Kampagne beginnt bei der Planung und endet nicht mit ihrem letzten Tag. Das bedeutet: Klare und transparente Aufgabenteilung, zum Beispiel in Form von Teams für bestimmte Bereiche der Öffentlichkeitsarbeit, Zeitpläne mit Deadlines und schriftliche Konzepte. Nach der Kampagne heißt es evaluieren und analysieren: Was lief gut? Was sollten wir verbessern? Was könnten wir anders machen? Hohe Standards sind gerade für einen Ehrenamtlichen-Verband wichtig: Wir alle wollen in unserer Freizeit motiviert und gut strukturiert zusammenarbeiten. Gerade junge Leute werden von schlecht aufgesetzten Arbeitsprozessen frustriert und suchen sich andere Orte, an denen sie politisch besser mitgestalten können. Professionelle Vorbereitung und Durchführung einer Kampagne ermöglichen die gezielte Einbindung von Aktivist*innen, reduzieren Stress, schonen Geld- und Zeitressourcen und tragen dazu bei, das Potenzial einer Kampagne voll auszuschöpfen.
RELEVANT
Eine Kampagne muss relevant sein – für die Zielgruppe, aber auch die eigene Organisation. Die Auswahl der Themen, Zugänge, Forderungen und Formate muss zu den Handlungsmöglichkeiten in einer bestimmten politischen Situation passen. Kampagnen verändern aber auch die Organisation und die Aktivist*innen, die sie durchführen. Drei Beispiele: Dass soziale, Umwelt- und Bildungsthemen Frauen tendenziell eher ansprechen als Technologie- und Verkehrspolitik, ist relevant für die Genderstrategie und Mitgliederentwicklung einer Organisation. Aktivist*innen machen bei kontroversen Gesprächen bei Infoständen an öffentlichen Plätzen andere Lernerfahrungen als bei einem zehnminütigen Foto-Shooting für Facebook. Und mit dem Thema Cannabis-Legalisierung kann es gelingen, junge Männer zu erreichen, die eigentlich FPÖ-nahe wären und für linke Standpunkte zuerst wenig zugänglich sind, aber eine vernünftige Drogenpolitik wollen.
Zentral waren für die Kampagnen der Jungen Grünen immer Wahlen, gerade auf kommunaler Ebene. Denn Wahlen sind Zeiten erhöhter politischer Aufmerksamkeit. Vor Wahlen informieren sich junge Menschen, insbesondere Erstwähler*innen, genauer, sind für Kampagnen ansprechbar und werden eher selbst aktiv. Außerdem haben die Kampagnen der Jungen Grünen bei ausgewählten Gemeinderatswahlen und der Präsidentschaftswahl nicht unwesentlich zu den Wahlausgängen beigetragen.
SICHTBAR
Was bringt die beste Kampagne, wenn sie niemand sieht? Als Junge Grüne haben wir mit den Jahren immer mehr Wert auf eine starke Außenwirkung unserer Kampagnen gelegt. Dazu gehören eine verbesserte Pressearbeit, die sich beispielsweise durch aussagekräftige Foto-Motive, Vorlagen für Presseaussendungen und vorbereitete Aussendelisten auszeichnete. So konnten auch kleine Bezirksgruppen an bundesweiten Aktionstagen teilnehmen und eine starke Präsenz in Lokalzeitungen aufbauen. Genauso heißt es, sichtbar auf der Straße zu sein. Unsere Infostände waren von weitem sicht- und am einheitlichen Design erkennbar. Aktionen fanden an belebten Orten, nicht in verlassenen Seitengassen, statt.
SPEZIFISCH
Eine Kampagne kann nicht alle Menschen erreichen, oft nicht einmal alle Menschen einer bestimmten Gruppe (z.B. junge Menschen). Gerade für eine Jugendorganisation ist es wichtig, sich im Vorhinein Gedanken darüber zu machen, wen eine Kampagne ansprechen soll. Geht es um ein bestimmtes Ziel, kann das auch eine kleine Gruppe von Politiker*innen sein, die für Jugendagenden zuständig sind. Geht es um Mobilisierung, waren es für die Jungen Grünen meist Gruppen von jungen Menschen, die tendenziell Grün wählen würden. Das wirkte sich unter anderem auf die Kanäle, die für Kampagnen genutzt wurden, wie z.B. Facebook, Zeitung oder Instagram aus.
UMSETZBAR
Umsetzbarkeit hat zwei Dimensionen. Die eine betrifft die Frage der Ressourcen. Haben wir genug Zeit und Geld, um eine gute Kampagne durchzuführen? Haben wir genügend Aktivist*innen, die die Kampagne auf die Straße tragen wollen? Eine Kampagne kann auch mit wenig Geld funktionieren oder mit wenigen involvierten Personen vor allem online stattfinden – dennoch sollte man diese Frage frühzeitig klären und die Planung dementsprechend anpassen.
Die andere Dimension betrifft die Ziele der Kampagne. Es kann Sinn machen, utopische Forderungen zu stellen, um die gesellschaftliche Wahrnehmung zu verändern. Es kann aber ebenso sinnvoll sein, wenn die Forderungen kleiner und leichter umzusetzen sind, um konkrete Anliegen zu forcieren. Das wurde zum Beispiel mit der „Unsere Stadt – Dein Wohnzimmer!“-Kampagne praktiziert.
Über den Autor:
Max Veulliet hat die Jungen Grünen Tirol mitgegründet und konnte in Wien im Kampagnenteam und auch im Bereich der Pressearbeit den Bundesvorstand unterstützen.