Legalize it!

Antrag zum 5. Bundeskongress der Jungen Grünen am 5. Jänner 2014 in Deutschlandsberg
Antragsteller*in: Bundesvorstand

Bei wenigen Themen wird vergleichsweise so emotional und unsachlich, und ohne aktuellen Zahlen und Statistiken Aufmerksamkeit zu schenken, diskutiert und argumentiert. Für viele ist Drogenpolitik ein vermeintliches Randthema, aber schon dadurch, dass es immer mehr in das Zentrum gesellschaftspolitischer Diskurse gewandert ist, zeigt sich, dass sich hinter dem Thema viele andere Bereiche verstecken. Hier sollen kurz gesellschaftliche Zusammenhänge diskutiert werden, welche konkrete Forderungen an eine aktuelle Drogenpolitik gestellt und überlegt werden und wie sich die Jungen Grünen im aktuellen Diskurs positionieren können.

FÜR EIN RECHTS AUF RAUSCH!

In den Debatten um Drogenpolitik spiegelt sich stark wieder, wie unsere Gesellschaft mit Rausch umgeht. Rausch ist etwas sehr natürliches, das auf viele Arten herbeigeführt werden kann, nur leben wir in einer Gesellschaft, die den einen Rausch billigt und den anderen verdammt.

  • Wir fordern einen anderen Umgang mit Drogen in unserer Gesellschaft, weg von der Verharmlosung der Gefahren wie im Falle von Alkohol, aber auch weg von der Verdammung und Kriminalisierung von Konsument*innen anderer Drogen.
GEGEN REPRESSION UNS STRAFE

Die rechtliche Situation in Österreich besagt im Moment, dass der Konsum von Suchtgiften an sich nicht strafbar ist. Strafbar ist jedoch fast alles, was damit zusammenhängt: der Erwerb, der Besitz, die Ein- oder Ausfuhr, die Erzeugung, das Überlassen oder das Verschaffen. Das Suchtmittelgesetzt unterscheidet zwischen Suchtgiften, psychotropen Stoffen und Vorläuferstoffen, die unterschiedlich geahndet werden. Unterschiedlich bestraft wird auch die Menge, wobei hier höhere Mengen auch härter bestraft werden.

Die meisten Länder haben eine ähnlich repressive Drogenpolitik, wobei die letzten internationalen Trends in eine andere Richtung weisen: Mehrere Bundesstaaten der USA, Tschechien und die Niederlande legalisieren bzw. entkriminalisieren Marihuana, in Berlin gibt es einen ersten Coffeeshop und in Portugal sind schon seit 2001 alle Drogen entkriminalisiert. Als letztes kam Uruguay dazu, das den Erwerb und sogar den Anbau von Marihuana legalisiert hat. Der weltweite Krieg gegen Drogen („war on drugs“) ist gescheitert, sei es in Südamerika oder Afghanistan. Die enormen Profite, die möglich sind, solange Drogen illegal sind, erlauben es ganze Kriege über Jahrzehnte hinweg zu finanzieren und sorgen dafür, dass es Menschen immer als attraktiv betrachten werden, sich an diesem Geschäft zu beteiligen. Expert*innen und diverse Politiker*innen, wie der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Anan, geben mittlerweile zu, dass die repressive Drogenpolitik gescheitert ist. Auch steht die Frage im Raum, inwiefern Drogenprobleme wirklich von den Drogen an sich abhängen und welche Probleme erst der Umgang bzw. die strikte repressive Drogenpolitik eröffnen.

  • Wir fordern ein Ende der repressiven Drogenpolitik.
  • Wir fordern mehr Geld für Aufklärung und Prävention. Das Geld, das derzeit in unvorstellbarer Höhe in die Repression und in den Krieg gegen Drogen gepumpt wird, soll stattdessen in bessere Aufklärung über Risiken und Gefahren in Schulen und in der gesamten Gesellschaft sowie in Suchtpräventionsprogramme investiert werden.
DROGENPOLITIK IST NICHT GLEICH SUCHTPOLITIK

Wir haben ein Recht auf Rausch, ein Problem ist nur dann gegeben, wenn gelegentlicher Ausgleich in Abhängigkeit umschlägt. Unsere Gesellschaft hat kein Drogen-, sondern ein Suchtproblem: Immer mehr Menschen werden spielsüchtig, Antidepressiva und andere Medikamente sind weit verbreitet und Alkohol kann an jeder Ecke gekauft werden. Wir dürfen uns nicht die ganze Zeit auf Substanzen versteifen, sondern müssen auch nichtstoffgebundene Süchte (wie Glücksspielsucht, Kaufsucht) in einer ganzheitlichen Suchtpolitik behandeln und die Ursachen dieser Abhängigkeiten thematisieren. Drogen sind oft nicht als Ursache sondern als Symptom zu verstehen. Suchterkrankungen sind immer Sekundärerkrankungen, das heißt, dass es davor andere Probleme gegeben hat und den Versuch, diese durch Substanzen zu lösen. Wir wandeln im öffentlichen Diskurs immer haarscharf zwischen Kriminalisierung und Stigmatisierung von Abhängigen und einer Forderung um Selbstbestimmung und gegen Reglementierungen, die uns in unserem persönlichen Konsum einschränken.

  • Wir fordern, die Ursachen von Süchten zu bekämpfen, wie Unzufriedenheit, Leistungsdruck und Konsumwahn in unserer Gesellschaft statt Süchtige von vorneherein zu stigmatisieren.
  • Wir fordern eine ganzheitliche Suchtpolitik, die sich nicht rein auf illegale Stoffe konzentriert. Sucht muss als Krankheit erkannt werden. Statt Süchtige zu stigmatisieren soll ihnen unkomplizierte und schnelle Hilfe gewährt werden.
LEGALIZE IT!

Marihuana ist als Droge recht weit verbreitet und bezüglich seines Suchtpotentials nicht gefährlicher als Alkohol und in geringen Mengen auch nicht schädlich. Marihuana wird zudem sehr erfolgreich in der Schmerzmedizin eingesetzt und ist ein effektives und den Körper schonendes Medikament. In Österreich ist momentan nur synthetisches THC zugelassen, was sehr teuer und teilweise nicht sehr effektiv ist. Dass Marihuana eine Einstiegsdroge für „härtere“ Substanzen ist, stimmt einfach nicht, eher trägt eine unsichere Abgabe dazu bei, auch an andere Drogen zu kommen. Eine Legalisierung bringt mit sich, dass die Qualität kontrolliert werden kann, Marihuana in einem geregelten nicht-kriminellen Umfeld vertrieben werden kann und dass Süchtige schneller und öfter Hilfe aufsuchen können. Auch Steuereinnahmen und der Wegfall von hohen Polizeiverwaltungskosten sprechen dafür. Die Einsparungen, die gemacht werden können, wenn die Polizei nicht mehr einzelne Konsument*innen verfolgen würde, wären enorm. Dieses Geld könnte viel besser investiert werden: Suchtprävention, Aufklärung und Hilfe von Betroffenen.

  • Wir fordern die sofortige Legalisierung des Konsums von Marihuana.
  • Wir fordern die Legalisierung des privaten Anbaus von Marihuana und Tabak nur unter nicht-kommerziellen Bedingungen und ohne Gewinnabsicht. Ansonsten fordern wir eine staatlich monopolisierte Produktion.
FÜR DEN SELBSTBESTIMMTEN, AUFGEKLÄRTEN KONSUM

Mit der Legalisierung von Marihuana ist es jedoch noch nicht getan. Die drogenfreie Gesellschaft wird immer eine Illusion bleiben. Die Frage ist, wie wir damit umgehen, dass es immer Menschen geben wird, die Drogen konsumieren werden um sich zu berauschen. Appellieren wir an das Selbstbestimmungsrecht jedes einzelnen Menschen oder glauben wir, Menschen vor sich selbst schützen zu müssen? Wir glauben an ein emanzipatorisches Menschenbild und an eine Gesellschaft, in der Menschen genügend über alle Drogen aufgeklärt sind, um selbst entscheiden zu können, was sie konsumieren möchten, was ihnen gut tut und auch, was ihnen nicht gut tut.

Die Einstufung ob Substanzen verboten sind oder nicht, findet momentan nicht nach Gefährlichkeit statt. Die Gefährlichkeit von verschiedenen Drogen wird je nach Studie unterschiedliche bewertet, klar ist nur, dass sowohl Alkohol als auch Nikotin, zwei legal erwerbbare Substanzen, sehr weit oben steht, Cannabis hingegen immer auf den hintersten Plätzen rangiert. Klar ist also, dass es hier Substanzen gibt, die gesellschaftlich und aus der Geschichte heraus legitimiert wurden und andere Substanzen nicht, die auch weiterhin von der Öffentlichkeit als problematisch wahrgenommen werden.

Eines der größten Risiken bleibt, neben der Abhängigkeit, die Verunreinigung von Substanzen bzw. keine Sicherheit über den gekauften Inhalt zu haben. Selbst bei Drogen, die gemeinhin als gefährlich gelten, wie Heroin, geht die größte Gefahr von der nicht vorhandenen Qualität (Verunreinigungen, unsaubere Spritzen, Dosierungsmöglichkeiten) aus. Modelle kontrollierter Heroinabgabe (zum Beispiel in der Schweiz oder Kanada) haben bewiesen, dass durch saubere und kontrollierte Drogenabgabe Suchtkranken bei weitem besser geholfen ist als mit strafrechtlicher Verfolgung. Statistiken aus Portugal zeigen, dass durch eine kontrollierte Freigabe nicht automatisch mehr Menschen konsumieren, sondern, dass bei einer Abhängigkeit schneller geholfen werden kann.

  • Kurzfristig fordern wir Drug Checking Angebote, also Möglichkeiten für Konsument*innen, erworbene Drogen auf Qualität hin überprüfen lassen zu können, um die Gesundheitsrisiken für Konsument*innen zu verringern. Weiteres fordern wir die Einführung der Drogenabgabe unter medizinischer Aufsicht sowie die flächendeckende Ausgabe von gratis Spritzen für Suchtkranke.
  • Langfristig fordern wir die Legalisierung aller Drogen mit dem monopolisierten Verkauf und entsprechender Aufklärung in staatlichen Drogenfachgeschäften. Die Abgabe an Minderjährige soll untersagt sein.
  • Gleichzeitig fordern wir ein Werbeverbot für alle Drogen. Es gibt einen signifikanten Zusammenhang zwischen Alkoholwerbung und Alkoholkonsum unter jungen Menschen, wir fordern informative Aufklärung statt Propaganda, die zu unreflektiertem Konsum anregt.